Die Hochzeitstafel in den Lieblingsfarben der Braut




1996


Installation: Bemalter Vorhang aus Gobelinnessel (3.5 x 2.5 Meter), Drahtseile und Haken, Lichtschiene am Boden, Scheinwerfer, Zeitschaltuhr

Gezeigt: Pascale Grau, Berner Galerie, Bern 1996; Pascale Grau. Die Welt mit Blumen schlagen, Galerie Werkstatt, Reinach 2002 (Abb.)


In der Performance Die Hochzeitstafel in den Lieblingsfarben der Braut sind das bühnenähnliche Display mit Vorhang und die Lichtregie konstituierende Faktoren innerhalb des raum-zeitlichen Vorgangs und dienen nicht nur der räumlichen und atmosphärischen Gliederung. In der gleichnamigen Installation führt Grau die Untersuchung dieser Aspekte weiter, verlagert aber dabei den Schwerpunkt von der Ebene des performativen Geschehens hin zu Fragen der Verschränkung von differenzierten Raumzuständen. Sie baut die Szenerie der Performance exakt nach, unterlässt aber konkrete Hinweise auf eine wie auch immer gelagerte «Bühnenhandlung». Die regelmässige Abfolge zweier unterschiedlicher Lichtstimmungen stellt die einzige Aktion dar. Im Wechsel von sechs Minuten gehen die Scheinwerfer aus, die das transparente Gewebe von vorne anleuchten, und die unmittelbar hinter dem Vorhang am Boden platzierte Lichtschiene, deren Lampen in die Raumtiefe gerichtet sind, wird aktiviert. Infolge der alternierenden Beleuchtung verändert sich das räumliche Erscheinungsbild: Während sich bei frontalem Lichteinfall die üppige, auf den Vorhang gemalte Festtafel explizit als freistehendes Bild im Raum manifestiert, wird das als Raumteiler fungierende Textil nach dem Lichtwechsel plötzlich durchsichtig und gibt den Blick auf den dahinter liegenden Bereich frei. Mit der Reinszenierung löst Grau das performative Setting vom ursprünglichen Handlungszusammenhang, wandelt es in eine «entschlackte», begehbare Raumstruktur. An deren realen Gegebenheiten, Vorhang und Lichtregie, Bild und Atmosphäre, entzünden sich vielfältige Assoziationen, die durch die physische (und gedankliche) Interaktion der BetrachterInnen im Raum ständig verändert und ausgeweitet werden.
Irene Müller 2009

Foto: Pascale Grau




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