Palermo




2002


Installation: 3 Diaprojektoren (Kodak Carousel), 3 Diapositive, 2 Stativ-Leinwände, 11 Gartenstühle aus Plastik, Tuch mit Foto-Aufdruck, Sand

Gezeigt:
voyage voyage, Ausstellungsraum Klingental, Basel 2002
come back, pool position #3, Projektraum exex, St. Gallen 2003


In der Mitte des abgedunkelten Raums hat Grau eine flache Insel aus Sand geformt, auf der sie zwei Stapel von aufeinander geschichteten Plastikstühlen platziert. Über eine Stuhllehne hängt ein bedrucktes Tuch, wie ein Badetuch zum Trocknen. An den Schmalseiten der mit Sand markierten Fläche stehen zwei Stativ-Leinwände, auf die jeweils ein Dia projiziert ist. Eine dritte Projektion ist auf die Wand gerichtet, wobei die gestapelten Stühle vom Licht des Projektors gestreift werden und einen Schatten auf das Bild werfen. Die drei Fotografien zeigen ein Hochzeitspaar beim Foto-Shooting am Strand, jedoch aus einer ungewöhnlichen Kameraperspektive: Die Fotografin, die Künstlerin, liegt im Sand und fokussiert aus diesem Blickwinkel nicht nur das herausgeputzte Paar, sondern auch die sie umgebenden Fotografen und Kameramänner. Grau verschiebt durch diese Bildkomposition die Gewichtung zwischen den AkteurInnen, zwischen Hauptpersonen und «staff». Zugleich verdoppelt sie das Spiel von Beobachtung und Posieren, verschränkt die verschiedenen Blickachsen ineinander. Im installativen Setting potenzieren sich die unterschiedlichen inszenatorischen Gesten und Rituale. Während die Künstlerin eine erlebte Situation nachstellt und mit ihren Aufnahmen das für die anderen Kameras ausgerichtete Arrangement als Pose entlarvt, sind die Handlungen der übrigen am Strand anwesenden Personen von «Funktionszusammenhängen» geprägt. Was im ersten Augenblick wie eine romantische Strandstimmung in der Nachsaison anmutet, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als kalkulierte Aktion, mit der ein bedeutsamer Moment in einer kulturell und gesellschaftlich reglementierten Form als Erinnerungsbild fixiert wird. Indem Grau diese Inszenierung jedoch aus ihrem persönlichen Blickwinkel überliefert, hinterlässt sie in der Installation auch Spuren ihrer eigenen Präsenz, stellt den stereotypen Bildformeln ihr individuelles «Bild» als eine Art Kommentar gegenüber.
Irene Müller 2009

Foto: Daniel von Rüti (ausstellungsansicht)2002





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